23. Jun. 2021
Thema des Monats III: Unser Wettbewerb ist die Bequemlichkeit der Kundschaft, nicht Amazon

Dagmar Westphal wirkt im Gespräch eher wie eine gestandene Geschäftsfrau, die nicht so schnell vor Begeisterung die Bodenhaftung verliert. Und auch wenn sie über ihren Webshop spricht, kommt die Mit-Inhaberin der Buchhandlung Werstenbuch Marc Westphal aus dem Stadtteil Düsseldorf Wersten nicht aus der Ruhe. Die Pflege ist zur Routine geworden. Doch wenn die Buchhändlerin nach dem Erfolg gefragt wird, dann gerät sie doch etwas ins Schwärmen.

 

„Ich kann nur jedem empfehlen, pflegt Euren Webshop“, sagt sie dann. „Ich bin auch kein digital Native und habe viele Fragezeichen, aber macht das bloß!“ Warum, illustriert sie ganz bodenständig an Zahlen.

 

Als sie die Buchhandlung zusammen mit ihrem Mann Marc Westphal 2016 übernommen hat, hatte sie von der Vorgängerin einen Barsortimentsumsatz von 30.000 Euro mitbekommen. Ende 2020 lag er bei 110.000 Euro. Sie geht davon aus, dass zwei Drittel der Umsätze durch den Webshop generiert werden.

 

Dabei nutzt sie nur konsequent die Möglichkeiten, die ihr der Könemann- bzw. Libri-White-Label-Webshop bietet. Individuelle Inhalte sind ihr wichtig („Wir wollen uns treu bleiben“), aber sie empfindet es auch als Erleichterung, dass bestimmte Flächen zentral gefüllt werden. „Viele Bücher, die da eingestellt werden, haben wir ohnehin im Laden und der Rest kommt dann eben vom Barsortiment“, so Westphal.

 

Drei bis vier Stunden pro Woche brauche sie für die Pflege der Online-Seite www.werstenbuch.de, schätzt sie. Oft macht sie das abends mit dem Tablet auf dem Sofa beim Fernsehgucken. Dabei assistiert ihr die Tochter Janine, die sich zusätzlich auch um Instagram kümmert.

 

Individualität drückt sie mit einem großen Begrüßungsfoto auf der Homepage aus. Das zeigt das ganze Team und darunter grüßt ein „Herzlich Willkommen“. Beim Runterscrollen folgen bereits die wichtigsten Informationen, wie Adresse, Mailadresse und Öffnungszeiten. Auch Beraterin Gudula Buzmann empfiehlt, diese möglichst weit oben zu platzieren, das sind die meistgesuchten Informationen.

 

Danach folgt ein Container mit der nächsten Veranstaltung und darunter ein anlassbezogener Teil. Derzeit zum ersten Schultag. Da finden sich die Erstlesebücher, mit denen sie auch ihren Tisch im Laden dekoriert hat. Zudem rundet sie das Online-Angebot mit Titeln aus dem Könemann Barsortimentsangebot ab. Da kommt „alles, was ich nett finde“ rein, so Westphal.

 

Es folgt ein Modul, das als Bildfolge verschiedene Themen auf den Bildschirm bewegt. Gleich auf dem ersten Bild geht es um die Buchhandlung und was dort passiert. Mit einem Klick darauf finden sich schöne Fotos von aktuell dekorierten Regalen mit all seinen Zusatzsortimenten. Fußball („läuft schlecht“), Sommerbücher und -Artikel, Bilder aus dem Laden und andere Aktionen, die im Laden stattgefunden haben, wie zum Beispiel eine Spendenaktion für Don Bosco aus dem Verkauf von Masken. Und vieles mehr.

 

Weiter in der Bilderfolge folgen Verlinkungen auf Leseempfehlungen unter dem Motto „Hängematte, Garten und Balkon“ auf die besten Sommer-Krimis, Jugendbuch-Empfehlungen, Deutschland-Reiseführer, das Buchjournal („oder Buch aktuell“) und Wohlfühlkrimis für den Sommer.

 

Darunter findet sich eine Spalten-Ansicht mit Lieblingsbilderbüchern (in deren Mitte der Hund von Westphal zu sehen ist), weiteren Kinderbüchern, „Radeln für die Seele“ und Kochbuchempfehlungen. Die Kacheln werden dann mit Tipps vom Barsortiment gefüllt.

 

Dabei gibt es bei Westphal noch eine Besonderheit. Da sie mit dem zweiten Barsortiment bei Zeitfracht ist, nimmt sie noch an der Aktion Buch&Co. (früher Mensch) teil. Wenn sie diese dekoriert, sucht sie sich die Empfehlungen dann per Excelliste im Shop zusammen. Das ist etwas aufwändiger, aber ihr ist es wichtig, dass die Angebote im Laden auch auf der Homepage zu sehen sind. Denn bei der Kundenbestellung will sie möglichst viele Titel vom Lager verkaufen können.

 

Das einzige, womit sie hadert, ist der Online-Geschenkgutschein. Denn dieser lässt sich nur in der Online-Bestellung einlösen und nicht im Laden. „Wenn die Leute damit in den Laden kommen, wird es kompliziert“, so Westphal, für die diese Form des Shops aber ansonsten genau passt.

 

Ihre Fotos macht sie möglichst selbst, damit das einheitlich individuell wirkt. Hinter so manchem Buch, das zu sehen ist, steckt also die Chefin selbst. Sie bearbeitet die Bilder mit Canvas oder Photoshop. Bei Canvas findet sie auch Stockfotos, die sich sporadisch einsetzen lassen.

 

Allein die regelmäßige Pflege des Webshops mit Bordmitteln steigert den Umsatz. Hinzu kommen Aktivitäten auf den Social Media-Kanälen. „Dass wir auf Instagram vertreten sind, hat uns gerade in Corona-Zeiten viele jüngere Kundinnen und Kunden beschert“, sagt sie. Und viele davon sind bis jetzt geblieben.

 

Sie zieht aus dem Erfolg mit der digitalen Vertriebsarbeit ihre eigene Schlussfolgerung. „Nicht Amazon ist unser Wettbewerber, sondern die Bequemlichkeit der Leute“, sagt sie. Wenn die Kundinnen und Kunden erst einmal begriffen haben, wie die Webseite der Buchhandlung vor Ort funktioniert, dann bleiben sie auch.

 

Und sie ergänzt: Viele Kolleginnen und Kollegen hätten Angst, dass die Kundinnen und Kunden dann nicht mehr in die Buchhandlung kommen. Doch: „Die meisten holen ihre Bücher im Laden ab und nehmen dann noch etwas mit.“ Sie sieht auch einen Vorteil in der Online-Bestellung: „Wir müssen die Bücher nicht mehr selbst recherchieren und eine Bestellung ausfüllen, das wird uns bereits abgenommen“, sagt sie.

 

Westphal betrachtet das nüchtern: „Das ist der Bereich in der Buchhandlung, der am stärksten wächst“, sagt sie. Dementsprechend ist für die die Pflege der Webseite gut investierte Arbeitszeit. Auch wenn das manchmal eine Überstunde auf der Couch bedeutet.

LD

 


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