29. Apr. 2025
Fünf Fragen an Markus Klose, wie sich die Vertriebsarbeit der Verlage verändert hat

Markus Klose: "Das Vorverkaufen selbst, früher die Kernkompetenz, verliert seine Bedeutung. Sichtbarkeit wird anders hergestellt." (Foto: privat)
Markus Klose:

Digitalisierung und Social Media, aber auch ein verändertes Kaufverhalten, haben inzwischen einen großen Einfluss auf die Vertriebsarbeit der Verlage. Wir fragen Markus Klose, Berater und Inhaber von Die gute Agentur, wie Verlage heute denken müssen und welche Rolle der Buchhandel hat.

 

LD: Sie beraten Verlage unter Die gute Agentur auch bei der Vertriebs- und Vermarktungsarbeit. Wo sehen Sie in Ihrem Beratungsalltag aktuell die größten Herausforderungen im Vertrieb?

Markus Klose: Die sehr gewöhnte Reihenfolge Buch planen, machen, drucken, vorverkaufen, bewerben, kommunizieren und ausliefern greift nicht mehr, alle Verlagsgewerke arbeiten stattdessen frühzeitig und kooperativ zusammen. Verlage sind und werden interne Netzwerke, die Kompetenzen aller werden laufend zusammengebracht, um im Moment der Realisierung optimal aufgestellt zu sein. Im Vertrieb werden sämtliche Informationen versammelt, die Metadaten optimiert, der Handel informiert, die Disposition gesteuert, die Logistik verantwortet. Alles ist für den Erfolg bedeutend, das Vorverkaufen selbst aber, früher die Kernkompetenz, verliert seine Bedeutung. Sichtbarkeit wird anders hergestellt.

 

Sichtbarkeit ist ein wichtiges Stichwort. Worin bestehen hier die Aufgaben für die Verlage?

In der Vergangenheit waren es vor allem die Präsenz im Schaufenster oder der Stapel auf dem Tisch, die Titel sichtbar machten. Die Vorbestellungen aus dem Handel fallen aber geringer aus, auch die signifikante Umsatzverschiebung Richtung Online und die Neigung des Publikums, sich im Netz und nicht vor Ort zu informieren, schaffen die Kernaufgabe, die bestmögliche Auffindbarkeit im Netz zu gewährleisten. Metadatenmanagement, Optimierung der Beschreibungstexte, Thema Klassifikation, Lesemotive, Schlagworte z.B. sind keine Tools nur für die digitale Welt, sondern verbessern Umsätze überall, auch im stationären Sortiment. Dabei bleibt es wesentlich, eng und vertrauensvoll mit dem Handel zusammenzuarbeiten. Die entscheidenden Werkzeuge sind hier bestens aufbereitete Informationen, Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit, Nähe und Ehrlichkeit.

 

Nun kommen die begeisterten Verlegerinnen und Verleger um die Ecke, die den genialen Text haben und daraus ein Buch machen wollen. Wie kann man auch solche Herzensprojekte trotzdem von der Titelplanung her denken?

Erfolgreich sind schon immer die Titel, von denen die Leserinnen und Leser begeistert sind. Wenn also die Programmverantwortlichen Herzensbücher eingekauft haben mit der Erwartung, diese Begeisterung auslösen zu können, gilt es, die vertriebliche Arbeit von Beginn an perfekt auf diese Gruppe auszurichten. Cover, Preis, Ausstattung, Daten, Social Media Unterstützung etc. Da arbeiten alle dran. Und wenn es gelingt, und zum Glück gelingt das immer wieder, dann entstehen Nachfrage und Umsatz. Herz ist Trumpf, auch hier, um mit Stephan Remmler zu sprechen.

 

Die Leipziger Buchmesse war wieder das Paradebeispiel für die direkte Kommunikation der Verlage mit Endkunden und in erster Linie Endkundinnen. Muss es auch hier mehr Miteinander in den Sparten geben?

Netzwerken, zusammenarbeiten hilft immer. Aktuell sind es die Verlage, die ihr Wissen über die Wünsche und Erwartungen der potenziell Kaufenden ausbauen müssen. Der Handel kann da auch ein Hinweisgeber sein, aber die schnelllebige Social Media Welt erfordert eigene Communities, direkte Nähe zu den an Büchern Interessierten. Verlegen war schon immer ein Risikogeschäft, nun kann es aber anders abgefedert werden. Der Handel muss sich darauf verlassen können, dass die Verlage die richtigen Titel aussuchen. Und darauf, dass sich die Ladenpreise als auskömmlich erweisen.

 

Fraglos eines der ganz großen Themen, die man kurzfristig nicht lösen kann.

Das stimmt. Aber es gibt Raum. Gerade bei der Backlist geht nach meiner Wahrnehmung noch einiges. Und bei den Neuerscheinungen sollten 20 Euro als Preisgrenze für Paperbacks und 30 Euro für Hardcover nun mal fallen. Preise müssen attraktiv sein, keine Frage. Aber sie müssen eben auch Marktteilnehmenden genügend Rendite einbringen. Und da der Handel auch hier abhängig ist von Entscheidungen der Verlage, gilt es dort, mutig zu agieren.

DGA

 


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